Artikel: Grundlagen
ETCS Level
ETCS kann in mehreren Leveln (Varianten) verwendet werden. Der infrastrukturseitig realisierbare Level hängt von der vorhandenen, signaltechnischen Infrastruktur, der vorgesehenen Geschwindigkeit und den betrieblichen Vorgaben ab.
ETCS Level 0

ETCS Level ist ein Level, der im Grunde eine „Rückfallebene" bildet. Das Fahrzeug fällt automatisch in Level 0 bzw. der Triebfahrzeugführer (Tf) wählt Level 0, wenn es auf eine Zugbeeinflussung trifft, die das Fahrzeug nicht beherrscht, oder wenn die Strecke kein Zugbeeinflussungssystem aufweist. Im ETCS Level 0 fährt das Fahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit für das Fahren ohne Zugbeeinflussung, in Deutschland maximal 50 km/h. Dieser nach der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) national festgelegte Wert (National Value) wird vom ETCS-Fahrzeuggerät technisch überwacht, wenn dieser vorher mittels Balise an das Fahrzeuggerät übergeben wurde.
ETCS Level 1 LS (Limited Supervision ≈ signalgeführt)
ETCS Level 1 LS besitzt eine ähnliche Ausprägung wie das deutsche Klasse-B-System PZB.

Beim Fahren unter ETCS Level 1 LS muss der Tf die Außensignale beachten, er fährt folglich signalgeführt. Das Fahrzeuggerät überwacht kontinuierlich die Geschwindigkeit. Die von ETCS benötigten Informationen für die Fahrterlaubnis (MA) werden nicht im Stellwerk abgegriffen, sondern von den LST-Komponenten am Gleis, z. B. von Signalen, die in eine Lineside Electronic Unit (LEU) eingespeist und mittels Balisen an das ETCS-Fahrzeuggerät (EVC) übergeben werden. Bei Level 1 LS kann die LEU als „Mini-LEU“ ausgeführt werden, da diese nur sehr wenig Energie benötigt und gegenüber einer „Voll-LEU“ bei ETCS-Level 1 nur einen geringen Funktionsumfang besitzt. Die LEU generiert aus den Informationen der LST-Komponenten die Telegramme, die an das Fahrzeug bei Überfahrt übergeben werden. ETCS-Level 1 LS ist nur für Geschwindigkeiten bis 160 km/h erlaubt.
ETCS Level 2
Die ETCS-Strategie der DB Netz AG sieht grundsätzlich die Ausrüstung der Strecken mit ETCS Level 2 vor.
Nach der ETCS-Streckenausrüstungsstrategie der DB Netz AG werden die Strecken mit ETCS-Level 2 ausgerüstet. Strecken mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit > 160 km/h müssen grundsätzlich mit ETCS Level 2 realisiert werden. Strecken bzw. Streckenabschnitte die vorzeitig oder zum Lückenschluss mit ETCS ausgerüstet werden müssen, rüstet die DB Netz AG mit ETCS Level 1 LS aus.

Voraussetzung für eine Streckenausrüstung mit ETCS Level 2 ist, dass die Eisenbahninfrastruktur (Stellwerke) für die Anbindung der ETCS-Streckenzentrale (ETCS-Z) geeignet ist. Beim Fahren im ETCS-Level 2 findet eine kontinuierliche Kommunikation zwischen Fahrzeug und Strecke (ETCS-Z) mittels Zugfunk GSM-R statt, über die das Fahrzeug seine Fahrterlaubnis (engl. Movement Authority (MA)) erhält.
Weitere Merkmale:
- Zugfahrten sind anzeigegeführt und werden kontinuierlich hinsichtlich Geschwindigkeit und Fahrterlaubnis überwacht
- Balisen dienen hauptsächlich als „Kilometersteine“, nicht schaltbar, keine Verkabelung
- Ermittlung des genauen Standortes mittels Dopplerradar, Radimpulsgebern und Balisen
- Sicherung des Fahrwegs liegt beim Stellwerk
- Geschwindigkeiten von mehr als 160 km/h möglich
- Level 2 ist vergleichbar mit der heutigen Linienzugbeeinflussung (LZB)
- Auf Außensignale kann verzichtet werden
ETCS Level 3
ETCS Level 3 funktioniert analog zu Level 2, jedoch kann hier auf die streckenseitige Gleisfreimeldung verzichtet werden.

Die ETCS-Zentrale übernimmt hierbei zusätzlich die Funktion der Gleisfreimeldung. Die Zugvollständigkeit muss permanent technisch überwacht werden. Durch ETCS Level 3 ist auch ein „Moving Block“ möglich, sodass sich in manchen Fällen eine weitere Kapazitätserhöhung erreichen lässt. Die Einteilung der Strecke in feste Blockabstände entfällt.
Weitere Merkmale:
- Anzeigegeführtes Fahren
- Geschwindigkeiten von mehr als 160 km/h möglich
- ETCS-Level 3 ist derzeit noch nicht Teil der ETCS-Strategie der DB Netz AG. Auf europäischer Ebene laufen zur Zeit Entwicklungen für den Einsatz von ETCS-Level 3 als optimierte Variante auf Regionalstrecken, auch als „ERTMS Regional“ bekannt.
ETCS Level NTC PZB/LZB
Dieses Level wurde entwickelt, damit Fahrzeuge mit ETCS auch Strecken befahren können, die noch nicht mit ETCS, sondern mit einem nationalen Zugbeeinflussungssystem ausgerüstet sind.

Ab der Spezifikationsversion SRS Baseline 3 wird dieser Level nicht mehr als Level STM (Specific Transmission Module), sondern als Level NTC (National Train Control) bezeichnet.
Im ETCS Level NTC PZB/LZB versteht das ETCS-Fahrzeuggerät „die Sprache“ des nationalen Zugbeeinflussungssystems, kann somit die Informationen verarbeiten und die entsprechenden Reaktionen auslösen; dies gelingt mittels der Komponente STM. Die Industrie kann für die meisten in Europa eingesetzten nationalen Zugbeeinflussungssysteme ein STM bereitstellen. Sollen ETCS-Fahrzeuge auf Strecken mit unterschiedlichen nationalen Zugbeeinflussungssystemen eingesetzt werden, sollten sie mit den hierfür erforderlichen STM ausgerüstet sein.
ETCS Baseline
Die infrastrukturseitig verwendete ETCS-Version hat großen Einfluss auf die fahrzeugseitig notwendige ETCS-Ausrüstung.
Unterschiedliche infrastrukturseitige ETCS-Versionen (SRS Baseline) haben u. a. Einfluss auf zu bestellende Fahrzeuge. Aus diesem Grund ist es für die EVU stets relevant zu wissen, welche streckenspezifischen Anforderungen gelten. In den folgenden Grafiken finden Sie Informationen zum SRS-Versionsmanagement und der Kompatibilität der einzelnen Versionen untereinander.


Fahrzeugkomponenten
Auflistung der Fahrzeugkomponenten, die bei einer fahrzeugseitigen Ausrüstung mit ETCS zum Einsatz kommen können.
In einem ETCS-ausgerüsteten Fahrzeug können sich, je nach geplantem Einsatzbereich, folgende Komponenten befinden:
- ETCS-Fahrzeuggerät (EVC – European Vital Computer)
- ETCS-Anzeige- und Bediengerät DMI (Driver Machine Interface)
- Aufzeichnungsgerät JRU (Juridical Recorder Unit)
- Balisenantenne
- BTM (Balise Transmission Module)
- LTM (Loop Transmission Module)
- STM (Specific Transmission Module) + Klasse B Systeme
- GSM-R Datenfunk
Abhängig von dem jeweiligen ETCS-Level werden die Streckeninformationen durch Balisen oder über das GSM-R-Mobilfunksystem von der ETCS-Zentrale (RBC) auf das Fahrzeug übertragen.
Ende des Expander-InhaltesStreckenkomponenten
Auflistung der Streckenkomponenten, die bei einer infrastrukurseitigen Ausrüstung mit ETCS zum Einsatz kommen können.
Eine ETCS-Streckenausrüstung besteht, je nachdem, mit welchem ETCS-Level die Strecke ausgerüstet ist, aus folgenden Komponenten:
- ETCS-Zentrale (RBC – Radio Block Center=ETCS-Streckenzentrale)
- Balisen
- Festdatenbalisen
- Transparentdatenbalisen (schaltbare Balisen)
- LEU (Lineside Electronic Unit)
- Euroloop (in Deutschland nicht vorgesehen)
- Signal Ne 14 – ETCS-Halt-Tafel
- Blockkennzeichen, analog dem bisherigen Blockkennzeichen bei der LZB. Seit 12.2012 gilt der Begriff „Blockkennzeichen für LZB und ETCS“
Die Balisen sind zur Richtungserkennung i. d. R. zu Gruppen aus mindestens zwei Einzelbalisen zusammengefasst. Sie dienen der Ortung und der Informationsübertragung von der Strecke auf das Fahrzeug.
Ihre Informationen erhält die ETCS-Streckenausrüstung entweder direkt vom Stellwerk, über den GSM-R Kommunikationskanal vom Fahrzeug oder durch einen rückwirkungsfreien Signalabgriff an vorhandener Streckenausrüstung
Ende des Expander-InhaltesRechtliche Grundlagen
Interoperabilität fördert den Ausbau von ETCS
Rechtliche Grundlagen und Regelungen zur Einführung von ETCS auf dem Schienennetz der DB Netz AG.
Europäische Gesetzgebung
Die europaweite Einführung von ETCS beruht auf Vorgaben und Gesetzen der EU, die von den Mitgliedstaaten in ihre nationale Gesetzgebung übernommen wurden. Die EU hat die Verpflichtung zum Einsatz von ETCS auf dem transeuropäischen Eisenbahnnetz für das transeuropäische Hochgeschwindigkeitsbahnnetz mit der Richtlinie „96/48/EG“ und für das konventionelle transeuropäische Eisenbahnnetz mit der Richtlinie „2001/16/EG“ vorgegeben. Beide Richtlinien wurden mehrfach überarbeitet, in der Interoperabilitätsrichtlinie „2008/57/EG“ zusammengefasst und schließlich um die Richtlinie „2013/9/EU über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Gemeinschaft“ erweitert.
TSI ZZS
Die TSI ZZS „Zugsteuerung, Zugsicherung und Signalgebung“ beschreibt das Zugbeeinflussungssystem ETCS, macht Angaben zur Spezifikation SRS, den Schnittstellen zur Technik (fahrzeug- und streckenseitig) und allen für die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) wichtigen Informationen. Sie definiert auch die Schnittstellen zwischen dem fahrzeugseitigen Klasse-A-System und dem speziellen Übertragungsmodul (Specific Transmission Module = STM) auf streckenseitige Klasse-B-Systeme. Sie verpflichtet, bei Neu- und großen Umbaumaßnahmen auf dem Streckennetz das neue Zugbeeinflussungssystem ETCS einzusetzen. Zudem gibt sie Termine für die ETCS-Streckenausrüstung sog. ETCS-Korridore und der zugehörigen Terminals vor, wo und bis wann bestimmte Strecken mit ETCS ausgerüstet werden müssen.
TEIV - Nationale Umsetzung der TSI
Die Umsetzung der EU-Regularien in nationales Recht erfolgte durch die Transeuropäische Eisenbahn Interoperabilitätsverordnung (TEIV). Sie regelt unter anderem die Bedingungen für die Erteilung von Inbetriebnahmegenehmigungen des ETCS in der Bundesrepublik.
VV IST
Die Verwaltungsvorschrift für die Verfahrensweise bei der Inbetriebnahme struktureller Teilsysteme (VV IST) des Eisenbahn- Bundesamtes (EBA) gilt für den Bereich ortsfester Anlagen und dient der Konkretisierung der TEIV. Sie erläutert das Verfahren zur Erlangung der IBN-Genehmigung und die Einstufung von Maßnahmen, die als Großvorhaben einzustufen sind (umfangreiche Erneuerungen oder Umrüstungen). Für die Fahrzeuge gilt sinngemäß die Verwaltungsvorschrift für die Genehmigung zur Inbetriebnahme von Eisenbahnfahrzeugen (VV IBG) gemäß §§ 6 ff TEIV.
Was bedeutet dies?
Infrastrukturseitig wird ETCS bei umfangreichen Änderungen sowie Leistungserhöhungen im TEN-Netz und bei Neubau der LST gefordert. Es ist weiterhin erlaubt, Klasse-B-Zugbeeinflussungssysteme parallel zu ETCS zu betreiben. Bei Leistungssteigerungen ist ETCS zu installieren.
ETCS Glossar
Erläuterungen zu ETCS-spezifischen Fachbegriffen und Abkürzungen
Hier steht ein Glossar und Abkürzungsverzeichnis zum Download zur Verfügung, in dem besonders die technischen Begriffe und Abkürzungen erläutert werden.
Ende des Expander-InhaltesEU-Förderung für den Ausbau von ETCS
Hier werden Sie über die Rechtsgrundlagen und Regelungen zur finanziellen Förderung durch die EU hinsichtlich der ETCS-Projekte im Bereich der Schienenwege der DB Netz AG informiert.
Europäischer Rahmen zur finanziellen Förderung von Projekten
Die EU hat für den schrittweisen Aufbau des transeuropäischen Verkehrsnetzes – kurz: TEN-T - eine Zwei-Ebenen Struktur erstellt: Das Gesamtnetz und das Kernnetz. Das Gesamtnetz umfasst alle vorhandenen und geplanten Verkehrsinfrastrukturen des transeuropäischen Netzes. Das Kernnetz besteht aus Teilen des Gesamtnetzes, die von größter strategischer Bedeutung für die Ziele der Strategie Europa 2020 sind. - Vgl. hierzu Art. 6 der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 und für die Ziele der Strategie Europa 2020 Art. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1316/2013.
In der Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 werden sogenannte Kernnetzkorridore definiert und Abschnitte inkl. der Vorhaben je Verkehrssektor vorermittelt. Die Kernnetzkorridore sind:
- Ostsee-Adria-Korridor (Baltic - Adriatic)
- Nordsee-Ostsee-Korridor (North Sea – Baltic)
- Mittelmeer-Korridor (Mediterranean)
- Korridor Orient-Östl. Mittelmeer (Orient / East-Med)
- Skandinavien-Mittelmeer-Korridor (Scandinavian – Mediterranean)
- Rhein-Alpen-Korridor (Rhine – Alpine)
- Atlantik-Korridor (Atlantic)
- Nordsee-Mittelmeer-Korridor (North Sea – Mediterranean)
- Rhein-Donau-Korridor (Rhine – Danube)
Vgl. hierzu auch unter ETCS Programm/Migration die Rubrik ETCS-Korridore .
Mit der Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 wurde die Fazilität „Connecting Europe Facility“, kurz CEF, geschaffen, die u. a. mit den zugewiesenen Haushaltsmitteln die Investitionen im Bereich der transeuropäischen Netze beschleunigen und Synergien zwischen den Sektoren Energie, Telekommunikation und Transport schaffen soll. Für das Management der technischen und finanziellen Umsetzung ist die INEA zuständig, die „Innovations and Networks Executive Agency“. – Vgl. hierzu auch https://ec.europa.eu/inea/en.
Die INEA organisiert für das CEF-Programm die Co-Finanzierung von Projekten über Ausschreibungen mit Wettbewerbscharakter, sogenannten „calls“. Über die darin genannten Rahmenbedingungen für die Bewerbung kann sie spezifische Ziele priorisieren. Je Fokus können sich die europäischen Länder mit ihren Projekten im Rahmen der calls bewerben. Wird die Bewerbung angenommen, werden die Modalitäten für die Abwicklung in sogenannten Grant Agreements – d. h. Finanzhilfevereinbarungen - festgelegt. Eine Liste bestehender Grant Agreements - hier unter der Spalte „Transport Mode / Project Code“ -, sortiert nach Ländern, finden Sie hier: https://ec.europa.eu/inea/connecting-europe-facility/cef-transport/projects-by-country.
Ein Fokus der CEF Transport liegt auf der ETCS-Ausrüstung der Grenzübergänge. Unter dem Projekt-Code 2015-DE-TM-0363-W gehören dazu folgende Grenzübergangsprojekte der DB Netz AG:
![]() Kofinanziert von der Fazilität "Connecting Europe" der Europäischen Union | |
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ERTMS- implementation on cross-border connection to Denmark | Scan-Med |
ERTMS implementation on cross-border connection to Poland | North Sea - Baltic |
ERTMS implementation on cross-border connection to Belgium | North Sea - Baltic |
ERTMS implementation on cross-border connection to Netherlands | Rhine - Alpine |
ERTMS implementation on cross-border connection to France | Atlantic |
ERTMS implementation on cross-border connection to Czech Republic | Rhine - Danube |
ERTMS implementation on cross-border connection to Austria | Rhine - Danube |
Wir sind EU-seitig verpflichtet folgende Information zu veröffentlichen:
„The contents of this publication are the sole responsibility of DB Netz AG and do not necessarily reflect the opinion of the European Union.”
Ende des Expander-Inhaltes